Die 4 Kompetenzfelder der digitalen Führung (und ein anonymer Selbsttest…)

“Wie können wir uns vom Erfolg der Amazons, Apples und Co eine Scheibe abschneiden?” fragen sich Führungskräfte in traditionellen Organisationen. Die Antwort liegt bei den Manager*innen selbst: Sie müssen ihre vier Kompetenzfeldern der digitalen Wirtschaft und Führung im 21 Jahrhundert verstärken.

Mit diesen Kompetenzfeldern können die Führungskräfte die Erfolgsmodelle der Digitalgiganten kopieren, für die eigene, traditionelle Organisation anpassen und in nachhaltige Profitabilität transformieren. So werden Führungspersonen zu Spielmacher*innen, die das digitale Game zu Gunsten unserer Wirtschaft verändern: Willkommen im Zeitalter der Digitalen Game Changer.

Kompetenzfeld 1: Werkzeuge

Im ersten Kompetenzfeld geht es um die grundlegenden Werkzeuge, die ein Digital Game Changer für das tägliche Management braucht. Sie müssen Digitalökonomie und digitale Gesetzmäßigkeiten verstehen, die neue Betriebswirtschaftslehre kennen und anwenden. Ein gutes Verständnis für modernes Innovationsmanagement komplettiert das Kompetenzfeld. In Kapitel 2 und 3 meines Buches habe ich diese Werkzeuge zusammengefasst:

Kompetenzfeld 2: Organisation

Im Kompetenzfeld Nummer zwei geht es um die Organisation: Wie betten Sie die digitalen Strategien und Vorgehensweisen in Ihre Organisation ein, wie gestalten Sie die Abläufe, wie wird die Organisation innovationsfreundlich und sogar innovationsbelohnend? Welche Organisationsmöglichkeiten gibt es jenseits der herkömmlichen, typisch hierarchischen Strukturen. Wie kann innerhalb solcher hierarchischen Strukturen Platz geschaffen werden für die Weiterentwicklung, die notwendig ist, um eine Zukunft des gesamten Unternehmens zu garantieren?

Kompetenzfeld 3: Technologie

Die dritte Kompetenz ist Technologieverständnis. Führungskräfte müssen Technologie verstehen, und zwar abseits der Hypes, die durch Medien und Berater*innen gepflegt werden. Digital Game Changer verstehen, welche Technologien für ihr Unternehmen wichtig sind, wie sie diese einsetzen, wann sie sie erproben und umsetzen. Und sie können entscheiden, welche Technologien sie auch auf die lange Bank schieben können, weil sie noch nicht reif sind oder für die individuellen Ziele des Unternehmens nicht sinnvoll eingesetzt werden können. Dabei hilft ein persönlicher Technologieradar: Im Podcast erkläre ich die Erstellung und Anwendung in 9 Minuten:

Kompetenzfeld 4: Mensch

Das vierte Kompetenzfeld und die Krönung zum Digital Game Changer ist ganz klar der Fokus auf den Menschen — der Mensch steht im Mittelpunkt, ist Nutznießer der Digitalisierung. Dabei ist es egal, ob es hier um die Kundin oder den Kunden geht oder die Mitarbeitenden im Unternehmen. Auch die Führungskraft selbst ist Mittelpunkt dieser Entwicklung, die den Menschen ins Zentrum der Digitalisierung rückt. Wenn wir es nämlich nicht schaffen, den Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, haben alle digitalökonomischen Gesetzmäßigkeiten, Technologien und noch so tollen Organisationsmöglichkeiten keinen Sinn. Am Ende kommt es darauf an, dass wir einen unternehmerischen und persönlichen Nutzen erhalten.

Wo stehen Sie als Digital Game Changer? Wie digital-fit sind Sie?

In meinen Workshops frage ich die anwesenden Führungskräfte, wie sie ihr Digital-Game-Changer-Mindset einschätzen, also ihre innere Haltung und Einstellung zum Thema bewerten. Eine ehrliche Selbsteinschätzung ist die Basis für jedes Agieren im digitalen Wirtschaftsraum und die Basis für persönliches Wachstum. Ich lade Sie ein, sich selbst dieser Frage zu stellen und sie ganz ehrlich zu beantworten.

Anonymes Ergebnis eines Firmenworkshops

Anonymes Ergebnis eines Firmenworkshops

Praxisstrategie: Digital Leadership Selbsteinschätzung

Wenn Sie — allein oder gemeinsam mit Ihrem Team — an Ihrem Digital-Game-Changer-Mindset arbeiten wollen, ist Ehrlichkeit gefragt, denn aus Ihrer inneren Position leiten sich Ihre äußeren Handlungen ab. In meinen Workshops ist die Selbsteinschätzung deshalb immer anonym. Sie erfolgt meist elektronisch über das mit Smartphone im Workshop bedienbare Umfragetool www.mentimeter.com.

Für die nicht digitale Durchführungsvariante verorten sich die Teilnehmenden mithilfe von Papier, Stift und einem Flipchart in einem aufgezeichneten Kreuzdiagramm.

Flipchart-Vorlage

Flipchart-Vorlage

Auf der horizontalen x-Achse ganz links befindet sich die extreme Annahme, dass Ihre Firma in fünf Jahren noch ganz genau so im Markt sein wird wie heute — in der gleichen Marktposition, den gleichen Vertriebskanälen, mit den gleichen Technologien, den gleichen Kundenanfragen, ähnlichen Kompetenzen im Management und bei den Mitarbeitenden. Ganz rechts, am anderen Ende der x-Achse, steht die gegensätzliche Extrem-Annahme, dass die Firma in fünf Jahren total anders aufgestellt sein wird — mit einer Abrechnung über z.B. die Blockchain, nicht mehr als Anbieter, sondern als eine Plattform, die nur noch Transaktionen im digitalen Raum verteilt und für die eine künstliche Intelligenz die agile Produktpreisgebung vornimmt.

Auf der vertikalen y-Achse tragen Führungskräfte ihre ganz persönliche Rolle ein. Sie verorten sich im unteren Bereich, wenn sie eher eine beobachtende Rolle einnehmen und nicht aktiv gestalten, wenn sie die Entwicklungen auf sich zukommen lassen und sie nur passiv mittragen wollen. Sie sehen, wie wichtig eine anonyme, persönlich-ehrliche Durchführung dieser Übung ist.

Eher oben tragen sich Menschen ein, die von sich sagen, dass sie sehr aktiv gestalten, sich als geborene Digital Leader sehen, Innovation aufgreifen, sinnvoll für das Unternehmen umsetzen möchten und ihre digitale Leitungsrolle mit so viel Eigeninitiative ausfüllen, als wäre es ihre eigene Firma.

Nun tragen sich alle Teilnehmenden an der Stelle in dem Kreuzdiagramm ein, die ihrer Einstellung und Rolle entspricht. Wenn Sie nicht das digitale Tool nutzen, drucken Sie bitte das Koordinatensystem für jede Person aus und fordern Sie die Teilnehmenden auf, sich in einer sehr ehrlichen Selbsteinschätzung auf dem individuellen Blatt einzutragen — nur für sich und ohne, dass die anderen Teilnehmenden es sehen können. Danach falten sie das Papier zweimal und geben es bei der Moderation ab, die Person für Person die Punkte in das Koordinatensystem auf einem Flipchart einträgt. Wichtig: Das Flipchart muss mit dem Rücken zu den Teilnehmenden zeigen. Erst wenn alle Punkte übertragen und die Papiere vernichtet sind, dreht die Moderation das Flipchart zur Gruppe.

Der Moment, in dem die Moderation das Flipchart umdreht, ist immer sehr spannend. Sie sehen ein anonymes physisches Abstimmungsergebnis — und ein sehr ehrliches Bild zum Mindset der Führungskräfte im Raum. Das Ergebnis ist die Basis für alle kommenden Digitalisierungs- und Innovationsvorhaben.

Ihr Martin Giesswein

Blick ins Buch: “Digital Game Changer” Maßgeschneiderte Digitalkompetenz für Führungskräfte